Bildungspolitik oder für’s Leben lernen

Das Ziel der öffentlichen Bildungsinstitute ist es, jedem Bürger kostenlos die notwendigen Grundlagen zu geben, um im Rahmen der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen seine Ziele zu erreichen. Damit sollen insbesondere gerechte Startbedingungen geschaffen werden für jeden Jugendlichen zum Einstieg in ein selbstverantwortliches Leben.
Die schulische Bildung hat daher nicht primär die Wissensvermittlung zum Ziel, sondern die Schaffung der Basis für eine spätere eigenverantwortliche Lebenskarriere des jungen Menschen. Damit geht es um das „Wie“ dessen was ich tue, auch um das „Warum“, aber nicht um ein spezielles „Was“. Ausnahme sind natürlich Inhalte, die notwendig sind, um sich mit dem „Wie“ und „Warum“ zu beschäftigen, dazu gehören natürlich lesen, schreiben und rechnen (googeln?) sowie Grundlagen aus Biologie, Psychologie, Soziologie.
Daher sollte es eine allgemeine und für jeden Bildungsweg verbindliche Festlegung dessen geben, was an „Wie“ und „Warum“ im Lehrplan ist. Das „Was“ hingegen, sollte vollständig in der lokalen Verantwortung liegen, um es möglichst relevant, d.h. motivierend auswählen zu können. Der Vorteil dieses Ansatzes ist auch, das es keinerlei Trennung zwischen verschiedenen Leistungsstufen geben muss, weil sich die Leistungsfähigkeit immer in unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten des einzelnen Schülers niederschlagen kann. Eine Trennung dieser unterschiedlichen Leistungsstufen ist auch nicht im Interesse der Gemeinschaft. Es ist gerade wichtig, dass die Unterschiedlichkeit, die später im Leben dazu gehört, bereits in der Schule gemeinsam erlebt wird. Der Umgang miteinander, ohne Eifersucht gegenüber dem vermeintlich  „besseren“ Schüler einerseits und  „Arroganz“ in die andere Richtung andererseits, ist ein wesentliches „Wie“ das erlernt werden soll. Der Pädagoge muss sicherstellen, dass jeder sich seiner Fähigkeiten bewusst wird, sie erfolgreich ins Team einbringen kann und dafür Anerkennung bekommt.
Diese allgemeine Bildungsphase die zeitlich im Alter von 6-16 ablaufen sollte, würde dann in eine, bereits individuell zu gestaltende, Phase zwischen zwei und vier Jahren münden, in der eine intensive Wissensaneignung kombiniert mit Praxis im Vordergrund steht. Am Ende dieser Zeit steht dann eine Berufswahl. Während die allgemeine Phase in einheitlicher Form und von der Gemeinschaft voll finanziert ablaufen würde, stünde die zweite Phase sowohl inhaltlich als auch finanziell mehr in der Verantwortung von Institutionen, Firmen und jedes Einzelnen.
Der Staat muss darüber wachen, dass es Angebote für alle gibt und das es, für besonders für die Gemeinschaft existentielle Berufe, gegebenenfalls auch von der Gemeinschaft getragene institutionelle Angebote gibt. Diese Institutionen müssten aber wirtschaftlich selbstständig (effizient) agieren.

Bildungsinhalte

Im Folgenden geht es um die Ableitung von Lehrinhalten aus unserem Menschenbild und den Grundlagen der staatlichen Gemeinschaft.

1. Alle Menschen sind auf Grund ihrer gemeinsamen biologischen Abstammung gleich im Sinne ihrer grundsätzlichen Bedürfnisse und Ziele.

Dieses Verständnis sollte auf Basis der Biologie in Kombination mit den psychologischen und physiologischen Implikationen so offen wie möglich und auf dem Stand der wissenschaftlichen Forschung dargestellt werden, natürlich auf einem Level der verständlich bleibt. Hier geht es darum, das jeder Jugendliche sein Menschsein auch biologisch sieht und insbesondere versteht und anerkennt, dass jeder andere nach demselben Prinzip handelt.
Neben dem reinen Wissen darum ist das Ziel hier, die Gemeinsamkeit aller Menschen zu sehen, als Grundlage für Toleranz.

2. Alle Menschen sind unterschiedlich auf Grund ihrer individuellen biologischen Herkunft, allein daraus soll niemand Ungerechtigkeit erfahren.

Dieser Unterrichtsinhalt sollte im Zusammenspiel mit Psychologie und Philosophie soweit wie möglich die Grundlagen individueller Verhaltensdispositionen darlegen und in ihrer Bedeutung sowohl für den eigenen Charakter (als eher unveränderliche Größe) und die eigene Freiheit zu sehen, d.h. insbesondere sich selbst anzuerkennen mit allen Stärken und Schwächen. Das bedeutet Selbst –Bewusstsein im besten Sinne.
Neben dem reinen Wissen geht es darum, seine Wurzeln zu verstehen und sich selbst verständlich zu werden. Eine Bio Struktur Analyse mit allen Schülern einer Klasse könnte z.B. ein Projekt sein, zu dem entsprechende Experten hinzugezogen werden.

3. Jeder Mensch ist frei von Schuld bei seiner Geburt.

Da es sich hierbei eigentlich um eine Selbstverständlichkeit handelt fällt es schwer, hier Bildungsinhalte zu definieren, daher würde ich eine „Negativ Regel“ vorschlagen, d.h. es sollte keine Bildungsinhalte geben, die diese Aussage in welcher Form auch immer relativieren.

4. Alle  Bedürfnisse und Ziele eines Menschen lassen sich erreichen ohne einem anderen Menschen Leid oder gar den Tod zuzufügen.

Dieses Thema hat viele Facetten, die vom Geschichtsunterricht über Soziologie bis zu Biologie und Deutsch reicht. Es geht darum  zunächst allgemeine „widersprechende Erfahrungen“ aus Geschichte, Literatur oder Zeitung zu analysieren und aufzulösen. In einem zweiten sicherlich schwierigen Schritt könnten auch persönliche Erfahrungen die widersprüchlich sind, diskutiert werden.

5. Zur Aufrechterhaltung der Gemeinschaft muss jeder Mensch bereit sein, Ungerechtigkeit zu ertragen. Seine Freiheit erlaubt ihm auch das zu tun.

Dieses Thema kann an realen Fällen in der Klasse direkt in den jeweiligen Unterricht oder später vom Klassenlehrer aufgenommen werden. Es geht darum, zu verstehen wie diese konkrete Ungerechtigkeit entstanden ist und zu erkennen, dass so etwas teilweise unvermeidbar ist im Zusammenleben und von jedem in bestimmten Situationen verursacht werden kann. In dem die Motivation des Verursachers nachvollzogen wird, kann die persönliche Betroffenheit des „Opfers“ relativiert werden, was nicht heißt das konkrete Gefühl zu ignorieren, sondern sich nicht unbedingt persönlich angegriffen zu fühlen. Der Verursacher erkennt bei der Analyse  vielleicht auch Stereotypen seines Verhaltens, in jedem Fall aber die Wirkung auf sein Opfer.

6. Jeder Mensch hat das Recht Ungerechtigkeiten öffentlich zu machen

Das Thema muss ebenfalls an realen Fällen eingeübt werden, auch in Rollenspiele. Es geht darum, seine Betroffenheit so zu äußern, dass sie  weder als Verteidigung noch als Angriff ankommt. Dieser Umgang mit Frustration (das ist in der Regel das Gefühl nach erlebter Ungerechtigkeit) wird zur Zeit nicht flächendeckend eingeübt, sondern nur in therapeutischen Zusammenhängen oder speziellen beruflichen Trainings. Es sollte aber eine Grundfertigkeit aller Menschen sein. Natürlich muss die Schulorganisation selbst dieses Prinzip aktizieren.

7. Zur Aufrechterhaltung der Gemeinschaft muss diese benannte Ungerechtigkeit anerkennen, insbesondere die Ursache finden und Maßnahmen zur Vermeidung aufzeigen.

Dieses Thema ist Teil der politischen und sozialen Strukturen der Gemeinschaft, aus Bildungssicht geht es hier nur um die Anerkennung dieses Prinzips. Wichtig ist hier, das insbesondere die Bildungsinstitutionen selbst dieses Prinzip deutlich leben, denn wie überall, ist das größte Risiko bei der Vermittlung von Verhaltensmaximen bzw. Moral, dass der vermittelte Inhalt und der vermittelnde Prozess inkonsistent sind, d.h. das Wasser gepredigt wird, während der Prediger aber Wein trinkt.

8. Die Erhaltung der Umwelt ist unabdingbare Voraussetzung für das Überleben der Gemeinschaft und aller Individuen, ihr Erhalt ist daher ein Ziel der Gemeinschaft.

Das Thema Umwelt ist in der Bildung auf zwei Ebenen relevant, einerseits müssen in den naturwissenschaftlichen Fächern die Abhängigkeiten dargestellt werden, andererseits ähnlich wie in „7.“  der Alltag in der Bildungsinstitution auch umweltverträglich organisiert sein. Hier sollen auch exemplarisch und alltäglich die Möglichkeiten zur Umweltschonung er-/gelebt werden.

 

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.