Freiheit des Handelns

Hier geht es um die grundsätzliche Herleitung der menschlichen Möglichkeit eines selbstbestimmten und damit in diesem Sinne freien Handelns. Zur einfacheren Darstellung beschreibe ich den Menschen als von  zwei Anteilen seines Gehirns gesteuert: einerseits vom einfachen Säugetier in ihm, ich nenne diesen Teil Cerebellus (als Zusammenspiel von Stammhirn und Limbischem System) und andererseits von der Vernunft (als Produkt des Großhirns).

Die Trennung von Ursache und Wirkung

In der Großhirnrinde werden in den Assoziationsfeldern Modelle und Regeln abgelegt, die als Abstraktionen der vom Cerebellus erfahrenen Zusammenhänge zwischen Innen- und Außenwelt verstanden werden können. Diese Regeln ermöglichen dem Menschen, aber auch entsprechend ausgestatteten Tieren, intelligentes Verhalten, d.h. Verhalten, das den unmittelbaren „Reiz – Reflex“- oder  „Tat – Ergebnis“- Zusammenhang aufbricht und komplexere Verhaltensmodelle ermöglicht.
Um das zu erreichen, müssen die Sinneserfahrungen gespeichert und mit abstrakten Eigenschaften verknüpft werden, wie  Zeit und Raum, über die dann, mit ebenfalls abstrakten Kategorien, Strukturen gelegt werden (siehe auch Kant: Kritik der reinen Vernunft). Eine dieser Kategorien ist die Kausalität, d.h. die Verknüpfung zeitlich getrennter Ereignisse nach einer Regel. Das kann etwas Einfaches sein, wie z.B. die Wahrnehmung eines knurrenden Geräusches im Gebüsch, die mit der Erwartung verknüpft wird, dass gleich ein Wolf  daraus hervorkommt  (beherrschen besonders Schafe) oder auch etwas so Kompliziertes,  dass wir heute schon wissen, dass es am 13./14.11. 2012 in Nordaustralien eine Sonnenfinsternis geben wird. (Das können nur wir).

Diese Abstraktionsfähigkeit hat für unser Verhalten mehrere Effekte:

  1. Aus der Verknüpfung unserer inneren Wahrnehmung mit Ereignissen der Außenwelt, insbsondere unserer Handlungen mit beobachtbaren und wiederholbaren Ergebnissen, entwickelt sich das Bewusstsein unseres Selbst, unsere Person.
  2. Während der Cerebellus nur einfache Zusammenhänge emotional bewerten und dadurch nur eingeschränkt neue Reaktionen auf Ereignisse erlernen kann, verfügt das Großhirn über ein Antizipationsvermögen, das die Verknüpfung von  mit einem denkbaren späteren Ereignis und den damit verbundenen Emotionen ermöglicht. Klassisches Beispiel dafür sind die Pawlowschen Hunde. Bei einer fehlerhaften Verknüpfung kann es leider auch zu krankhaften Ergebnissen führen wie z.B. Angstneurosen.
  3. Aus der Kombination aus 1. und 2. ergibt sich auch die Möglichkeit der Bewertung des eigenen Handelns in Bezug auf die Folgen dieses Handelns, d.h. die Basis für Moral.

Die Trennung von Reflex und Tat

Mit dem obigen Modell ist die Möglichkeit aufgezeigt, das eigene Handeln bewerten zu können. Es ist aber ein Schritt von der Bewertung zu einer daraus ableitbaren Änderung der Handlungsweise. Jeder, der schon mal sein Essverhalten ändern wollte, kann ein Lied davon singen. Die Bewertung des Verzehrs der Currywurst als negativ ist einfach, die daraus abgeleitete Handlungsweise, dass es besser ist, sie nicht mehr zu essen, ist ein Kampf. Dieser Kampf findet zwischen dem Cerebellus (s.o.) und dem Großhirn statt. Beide können sich über Neurotransmitter (Adreanlin, Noradrenalin, Dopamin) gegenseitig hemmen oder verstärken und dieses Zusammenspiel bewirkt dann die reale Handlung. Jeder Mensch wird genetisch, aber auch durch Lebenseinflüsse mit einer „Standardformel“ für dieses Zusammenspiel ausgestattet (siehe auch Biostrukturanalyse). Wichtig dabei ist jedoch, dass damit sozusagen „technisch“ die Möglichkeit besteht, dass die Vernunft auf Basis der moralischen Einschätzung eine Handlung gegen den „Cerebellus“ durchsetzen kann, der allein betrachtet „amoralisch“ ist. Das bedeutet die potentielle Freiheit menschlichen Handelns.

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